M A C H T D E R W Ö R T E R | ||
|___DISKURSTHEORIE___|
Diskurs: Michel Foucault, der Schöpfer der Diskurstheorie, meinte, daß es gewisse Regeln gibt, die festlegen, in welcher Weise über welche Realitätsbereiche gesprochen wird. So entstehen ganze Systeme, wie der juristische Diskurs oder der Diskurs der Vogelzüchter. Diese Systeme sind sehr hermetisch, obwohl sie sich zum Teil überschneiden. Die Regeln, die die Diskurse bilden, determinieren und bestimmen alle Aussagen.
"Es scheint uns, daß wir konstruieren - Täuschung! -, in
gleichem Maße werden wir konstruiert durch die Konstruktion. Das, was
du geschrieben hast, diktiert dir den weiteren Sinn; nicht aus dir wird
das Werk geboren; dies wolltest du schreiben, und etwas ganz anderes ist
dir aufs Papier gekommen. Die Teile neigen zu einem Ganzen hin, jeder
Teil strebt heimlich zu einem Ganzen, trachtet nach Abrundung, sucht Ergänzung,
erfleht die Fortsetzung nach seinem Bilde und seiner Ähnlichkeit. Unser
Geist fischt aus dem aufgewühlten Ozean der Erscheinungen irgendeinen
Teil, sagen wir, ein Ohr oder ein Bein, und schon drängt sich uns am Anfang
unseres Werks ein Ohr oder ein Bein in die Feder, und dann kommen wir
nicht mehr aus dem Teile heraus, wir schreiben ihm seine Fortsetzung,
und er diktiert uns alle übrigen Glieder." |
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Die Wahrnehmung kann also nicht "authentisch" sein, denn sie ist durch die sprachliche Fähigkeit der Wahrnehmenden geprägt und ermöglicht. Wir verstehen nur das, was wir benennen können, und wir verstehen es nur so, wie wir es benennen können. Ein Autor, ein Sprecher, ein Individuum ist demzufolge abhängig von der Fähigkeit der Sprache, in der er erkennt und spricht, und gibt sich mit jeder Aussage als von Diskursen geprägt zu erkennen und keineswegs als freies Subjekt. "Alles was wir sagen und alles,
was wir tun, verrät uns auf eine bestimmte Weise, und zwar dauernd." Henryk, der Protagonist des Theaterstückes "Die Trauung", ist sich dessen - wie die meisten Helden Gombrowiczs - bewußt. Als ihm seine Sprache "ausrutscht", indem sie "aus der Floskelsprache der Diplomatie, der Liebe in die Säufersprache der Gosse" überschlägt, um schließlich Henryks Gesellschaft in der vulgären Redeweise zu vereinigen, verkündet er bedrückt: "...alles Lüge! Jeder sagt nicht, was er sagen will,
sondern was sich schickt. Die Worte vereinigen sich verräterisch hinter
dem Rücken, und nicht wir sagen die Worte, sondern die Worte sagen uns,
und verraten unsern Gedanken, der auch unsere verräterischen Gefühle
verrät - ach, Verrat, Verrat ohne Ende!" In der Welt des Stückes Die Trauung hat das Wort auch eine kreierende Macht: Der Vater nennt sich selber unantastbar und wird somit zum König; der Trinker, einmal "Botschafter" genannt, verwandelt sich in einen distinguierten Diplomaten; und als Henryk seinem Freund die Versprechung abzwingt, er werde sich während der Trauung umbringen, überlegt er noch, "inwiefern solche Spiele gefährlich sein können(...),
wie groß die Reichweite von Worten ist?" Der Tod des Freundes läßt keine Zweifel mehr zu. Die ganze Handlung im Roman Indizien schildert den Prozeß des Entstehens der Wirklichkeit aus Assoziationen, weil wir "unsere Welten aufbauen, indem wir Erscheinungen assoziieren".
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